Einführung anläßlich der Austellungseröffnung am 05.08.2018

Text und Vortrag: Monika Bethmann

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Kunst kann Schweiß treibend sein! Die Künstler und auch wir vom Kunstverein Stade haben dies am vergangenen Freitag bei der Hängung und dem Aufbau „live“ miterleben können!

Kunst vor Ort – zunächst wurden die großformatigen Acrylbilder von Gerhard Silber gehängt. Mein persönlicher Eindruck nach dieser Hängung war, dass - angesichts dieser prägnanten Großformate - es die Skulpturen von Siegmar Münk schwer haben könnten.

Nach Hängung der Bilder wurden die Werke von Siegmar Münk aufgestellt und siehe da - und wie Sie sicherlich selbst festgestellt haben - die enorme Präsenz dieser Skulpturen ist ein markantes Gegengewicht, welches sich (trotz der Material bedingten Schwere!) mit Leichtigkeit einen eigenen Raum schafft.

Für mich, die ich seit vielen Jahren die Ausstellungen im Schleusenhaus begleite, ist es immer wieder faszinierend, wie sich diese wunderbaren Räumlichkeiten mit den jeweiligen Werken verbinden. Das Schleusenhaus ist für mich ein wirkliches Juwel und diese Ausstellung zeigt erneut wie facettenreich Kunst hier zur Geltung kommen kann.

 

Ein Appell geht mit dieser Ausstellung einher: Vorsicht Mensch!

Eine Assoziation drängt sich mir dabei auf: Vorsicht bissiger Hund!

Ich überlege: soll der Besucher vor der Spezies Mensch gewarnt werden oder ist es vielmehr der Weckruf zu mehr Achtsamkeit – im Sinne von „Vorsicht, zerbrechlich!“

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

schön, dass Sie dem Appell und der damit einher gehenden Einladung gefolgt sind. Ich begrüße Sie sehr herzlich im Namen des Kunstvereins Stade zur Ausstellung „Vorsicht Mensch!“ mit Arbeiten von Gerhard Silber und Siegmar Münk. Mein Name ist Monika Bethmann – ich bin die erste Vorsitzende des Kunstvereins Stade.

 

Ich freue mich, dass wir heute eine Ausstellung eröffnen, die den Mensch in den Mittelpunkt der Betrachtung setzt und sich auf unterschiedliche Weise – mit unterschiedlichen Ausdrucksformen – künstlerisch dem vielschichtigen Wesen nährt. Die Spezies Mensch ist eine ganz besondere - ausgestattet mit einem unerschöpflichen Facettenreichtum, der sämtliche denkbaren und undenkbaren Höhen und Tiefen abzudecken vermag. Ist der einzelne Mensch schon ein eigener Kosmos, kann er in der Gruppe - im Rudel – noch zahlreiche weitere Verhaltensweisen an den Tag legen, die einer eigenen Gruppendynamik unterliegen.

 

Gerhard Silber wählt zur künstlerischen Umsetzung das Großformat: seine Acrylbilder speisen sich insbesondere aus dem dunkleren Farbspektrum und erinnern in ihrem Hell-Dunkel-Kontrast an Schwarz-Weiß-Fotografie. Dieser Eindruck wird durch eine realistische Malweise unterstützt. Zudem werden in der Darstellung Bilder aufgegriffen, die wir aus den Medien kennen und von denen wir geradezu überflutet werden. Man erkennt die Szenerie und Assoziationen mit den damit verbundenen Nachrichten stellen sich ein. Gerhard Silber reflektiert die tragischen, gesellschaftlichen Ereignisse, die aus einem Individuum eine Menschengruppe macht, die durch äußere Umstände, schicksalhaft miteinander verbunden wird.

 

Gerhard Silber stammt aus Kassel und hat dort nach seiner Lehre als Plakatmaler und Dekorateur eine Umschulung zum Technischen Zeichner und Techniker absolviert.

Die Akademische Ausbildung mündete in eine Professur für Biomechanik in Frankfurt.

 

2012 erfolgte dann eine Rückkehr zur Malerei – zunächst autodidaktisch Aquarellmalerei und seit 2013 Acrylbilder auf Leinwand aus dem Bereich sozialkritischer Themen.

www.art-silber.de

 

Siegmar Münk stellt das Individuum und dabei insbesondere den Kopf in den Mittelpunkt seiner Objekte aus Stein, Holz oder auch Pappmaché. Die Darstellung ist dabei jedoch nicht naturgetreu: hier werden keine klassischen Skulpturen gezeigt. Die Werke – insbesondere jene aus Stein - haben eine enorme Präsenz und Ästhetik. Die Formsprache seiner Skulpturen - langgezogen und mystisch wirkend – erzeugen durch ihre wunderschöne Oberfläche den (zumindest bei mir) unwiderstehlichen Drang, diese Werke anzufassen.

 

Bei den Steinfiguren handelt es sich um Baumberger Sandstein - die Recherche im Internet hat ergeben, dass dies ein Kalkstein mit relativ hohen Gehalt an Quarzsandkörnern ist, der in der späten Oberkreide im seinerzeit vom Meer bedeckten Münsterländer Kreidebecken abgelagert worden ist. Seit ca. 1000 Jahren wird er abgebaut. Er ist eher weich und gilt als sehr verwitterungsanfällig.

Hier im Schleusenhaus ist er – wenn ihn denn keiner anfasst – vor Verwitterung geschützt. Und wenn wir diese Köpfe betrachten sehen wir weiche sinnliche Flächen, die von feinstem Schmirgelpapier und von Hand geschaffen wurden. Bei dem Stein und bei den Holzskulpturen gilt dabei die bekannte Regel: das Werk bestimmt!

 

Warum Köpfe? Siegmar Münk hat mir beim Aufbau gesagt, dass er sich zu Beginn des Tages vornehmen kann „eine Frauenskulptur zu schaffen“ – und dann wird es doch wieder ein Kopf. Was soll ich sagen: gut so!!

 

Siegmar Münk wurde in Eich am Rhein geboren und wohnt und arbeitet auf St. Pauli und einem Gut bei Lüneburg.

Seit Jugend an steht der menschliche Körper, im Besonderen der Kopf, im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens. Realistisch proportioniert, oft überzeichnet, skurril, karikaturhaft bis hin zur Abstraktion.

1978 schließt er in Hamburg sein Kunststudium mit Diplom als Grafik-Designer ab. In all der Zeit entstehen, parallel zur Arbeit, Zeichnungen und Radierungen sowie großformatige Arbeiten auf Leinwand in Öl, Gouache und Kreide.

Die plastischen Arbeiten finden Ihren Ursprung an einem kretischen Strand mit dem dort vorgefundenen Ton. Später entstehen im Atelier ähnliche Figuren aus Pappmaché. Seit dem Aufenthalt auf dem Gut bei Lüneburg wendet er sich immer mehr dem plastischen Gestalten zu. Es entstehen große Holzskulpturen und Köpfe aus Sandstein.

www.siegmarmuenk.de

 

Liebe Anwesende, betrachten Sie mit der gebotenen Vorsicht den Mensch - gerne bei einem Glas Wein. Die Ausstellung ist hiermit eröffnet.